Entenschnabel

Entenschnabel

In den 1930er Jahren erfolgte die Planung des Geländezipfels „Sandkrug“ und es folgten erste Bebauungen. Bis in die 1950er Jahre blieb es unbedeutend, dass der Landstreifen zur Glienicker Flur gehörte. Der Name „Entenschnabel“ nach der Form der Grenzlinie auf einer geografischen Karte wie ein Enten­kopf mit Schnabel entstammt wohl vorrangig aus der Zeit der Berliner Mauer.

Durch Grenzsperrmaßnahmen ab 1. Juni 1952 war die Durchfahrt für Berliner durch den Entenschnabel nicht mehr möglich. In West-Berlin musste der Verkehr fast 38 Jahre lang an der Berliner Straße in die Burgfrauenstraße und die Zeltinger Straße zur Oranienburger Chaussee umgeleitet werden.

Am 13. August 1961 erfolgte die Absperrung endgültig. Hier hatte die Berliner Mauer wohl einen ihrer absurdesten Verläufe. Beim Bau der Mauer 1961 wurde dieses Gebiet an drei Seiten abgetrennt und damit von den Ortsteilen Frohnau und Hermsdorf abgeschnitten.

Die umgrenzte Fläche war so schmal, dass der für Berlin typische Grenzstreifen hier keinen Platz gefunden hätte bzw. keine Nutzfläche geblieben wäre. Die Grenzsicherung bestand nur aus der eigentlichen Mauer und dem sogenannten Hinterlandzaun und war nur rund drei Meter breit. Am Ende der Sackgasse wurde später eine größere Freifläche geschaffen. Wegen der mangelnden Grenzsicherung durften dort nur noch zuverlässige DDR-Bürger (meistens SED-Parteimitglieder) wohnen. Alle Besucher, auch Handwerker oder Ärzte, bedurften einer Sondergenehmigung. Gelegentlich konnten die Bewohner ihre Häuser nicht verlassen, denn auch sie hatten sich nach den Sonderregeln für Grenzgebiete zu richten.

Die Besonderheiten der Lage nicht zu Berlin gehörender Grundstücke auf der DDR-Seite bot vorzügliche Bedingungen zum Untergraben des Grenzbereichs. Zudem erleichterte Sand als Eiszeit­relikt das Graben im Boden. Die Grenzbefestigung im Zipfel war nur wenige Meter breit, denn diese Anlage konnte nur auf der DDR-(Innen-)Seite angelegt werden. Von Glienicke aus gruben sich 1962/1963 DDR-Bürger einen Weg nach West-Berlin. Die drei Fluchttunnel wurden allerdings nicht direkt aus dem Geländestreifen des Entenschnabels heraus vorangetrieben. Unter Lebensgefahr und vor den Augen der Grenzsoldaten gelang über 50 Personen die Flucht in den Westen.

Sichtbare Zeugnisse des Verlaufs der Mauer finden sich heute kaum noch. Die ehemalige Grenzbefestigung zu West-Berlin wurde beseitigt, die letzten Mauerteile am Entenschnabel fielen im Februar 1991. Privatisierte Flächen wurden zur Bebauung freigegeben. Bei Grabungen in den 2010er Jahren fanden sich Fundamente von Wachtürmen, Teile der Stacheldrahtverhaue, Signalanlagen, Munition und Reste der Tunnelbauten. In den 1990er Jahren erfolgte ein Neubau der Straße. Es erinnert am Ort des Becker-Tunnels nichts mehr an die Grenze; ebenso wenig etwas weiter nördlich, wo der schon 81 Jahre alte Max Thomas im Mai 1962 mit Angehörigen durch den „Rentnertunnel“ floh.