Dolmen im Steinbergpark

Auf einer kleinen Anhöhe im bewaldeten östlichen Teil des Steinbergparks befindet sich ein Dolmen, ein aus großen Steinblöcken (Megalithen) errichtetes Grab. Er besteht aus einem gewaltigen Deckstein, der auf fünf unverhältnismäßig kleinen „Wandsteinen“, die aus unbearbeiteten Findlingen unterschiedlichen Materials bestehen, ruht. Eine Eingangssituation wurde von den Erbauern nicht gestaltet, von Süden ist jedoch ein Blick unter die Deckplatte möglich. Im „Inneren“ des Dolmens befindet sich ein weiterer kleiner loser Findling, sowie im Nordwesten neben den drei flachen „Wandsteinen“ ein weiterer, fest im Boden verankerter kleiner Findling.

Das Monument wird von der archäologischen Fachwelt nicht zur Kenntnis genommen. Stattdessen werden unter den Spaziergängern, Heimatforschern, Jugendgruppen, religiösen Interessengemeinschaften und in Internetforen moderne Legenden über seine Erbauung entweder während der Anlage des Parks zwischen 1924 und 1932 oder alternativ in der NS-Zeit erzählt. Allein ein Dolmen war weder in den Plänen der Gartenarchitekten vorgesehen noch vom Bauherrn Klempin eingeplant worden. Das Monument muss demnach eine spätere Ergänzung des Parkgeländes darstellen.

In der historischen oder archäologischen Literatur zu Berlin konnte bislang keine sichere Quelle für die Hintergründe der Erbauung dieses Monuments gefunden werden. Dies ist bedauerlich, da der Dolmen unter der lokalen Bevölkerung ein beliebtes Ziel darstellt, nicht nur für Ausflügler und Hunde-Spaziergänger, sondern auch für Liferollenspieler, die dort Treffen, Schwertkampfübungen oder kleinere Rollenspiele durchführen, sowie für neopagane und völkische Gruppen, die dort Jahreskreisfeste und Rituale abhalten.

Die Frage, ob es im Berliner Raum jemals Megalithgräber gegeben hat, kann nach gegenwärtigem Stand nur unzureichend beantwortet werden. So schön die Vorstellung von einem „echten“ Berliner Megalithgrab auch wäre, sprechen die dokumentierten neolithischen Befunde eine andere Sprache. Bei keiner archäologischen Ausgrabung in Berlin konnten megalithische Grabstrukturen der Trichterbecherkultur oder der Kugelamphorenkultur gefunden werden.

Aus der Zeitschriftenabteilung der Staatsbibliothek könnte möglicherweise die Errichtung des Dolmens sowie die Vorgeschichte seiner Erbauung aus den Zeitungsartikeln des Jahres 1935 rekonstruiert werden. Bereits kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Eingemeindung der umliegenden Landgemeinden und Dörfer in die Stadt Berlin gab es Planungen für mehrere Ehrenmäler für die Gefallenen der Reinickendorfer Ortsteile. Die Zeitung berichtete am 3. Mai 1935, dass endlich ein Entwurf für ein Wittenauer Ehrenmal vom Berliner Magistrat genehmigt worden sei, welches anfangs in Form eines „Urnengrabes“ geplant gewesen war. Bei dieser Bemerkung keimt der Verdacht, dass der namentlich nicht genannte Reporter hier einer Verwechslung von „Urnengrab“ und „Dolmengrab“ unterlag. Könnte es sich bei dem ursprünglich geplanten Denkmal also um den Dolmen im Steinbergpark gehandelt haben? Bei dem Künstler, der mit dem Entwurf für das Wittenauer Ehrenmal beauftragt worden war, handelte es sich um den Bildhauer Fritz Richter-Elsner (1884–1970), der bereits in 1924 und 1926 Ehrenmale mit künstlichen Dolmen, Menhiren und Runensteinen versehen hatte. Die Entscheidung, auf vorgeschichtliche Symbole und Steindenkmäler zurückzugreifen, begründete der Künstler unter Berufung auf den ihm persönlich bekannten Gustaf Kossinna: „In den Gauen unserer Heimat ragen jene mächtigen Bauwerke, die wir als Hünengräber kennen. Die Formgestaltung, der eigenartige Zauber, der in diesen gewaltigen Steinsetzungen liegt, offenbart uns mehr als alle Schrift es vermöchte. […]