Hafenbrücke Tegel (Sechserbrücke)

 

Sechserbrücke

Die Tegeler Hafenbrücke, im Volksmund „Sechserbrücke“ genannt, überspannt als Fußgängerbrücke die Einfahrt des Tegeler Hafens und die Mündung des Tegeler Fließes.

Wenn man in Berlin im 19. Jahrhundert schon knapp bei Kasse war – zumindest einen oder mehrere Sechser musste man schon in der Tasche haben, wollte man überhaupt durch die Stadt kommen. Einige wichtige Brücken der Innenstadt waren nämlich mautpflichtig. Die Gebühr betrug einheitlich einen Sechser, damals die Hälfte eines Groschens. So kam im Volksmund der Begriff Sechserbrücke auf, nicht als Einzelname, sondern als nichtamtliche Benennung einer Gattung von Flussübergängen. Soweit bekannt, waren mindestens vier namhafte Berliner Brücken von der Mautpflicht betroffen.

Die letzte Sechser-Brücke von Berlin und Umgebung befindet sich in Tegel. Das Besondere: Sie gehört nicht nur zu dieser Brückengattung; sie heißt auch so bis heute.

Am nördlichen Ufer des Tegeler Sees entwickelte sich am Ende des 19. Jahrhunderts ein reger Ausflugsverkehr: Die Leute schlenderten über die Uferstraße (die heutige Greenwichpromenade) um den Großen Malchsee herum bis zum Freibad Tegelersee. Dazu mussten sie allerdings das Tegeler Fließ überqueren. Der ansässige Fischer Siebert verdiente sich mit dem Übersetzen der Wanderer über das Fließ mit seinem Kahn für fünf Pfennig (einen sogenannten „Sechser“) ein Zubrot.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert wuchs der Ausflugsverkehr weiter an und immer mehr Berliner wollten zum Großen Malchsee, an dem sich inzwischen zahlreiche Ausflugslokale etabliert hatten, so zum Beispiel das Klippsteinsche Sommeretablissement und der Kaiserpavillon. Mit seinem Kahn konnte der Fischer das erhöhte Aufkommen nicht mehr bewältigen und so baute er eine kleine Holzbrücke über das Fließ und verlangte von jedem, der sie überqueren wollte, weiterhin fünf Pfennige.

Die Besitzerin von Schloss Tegel Constanze von Heinz hatte ab etwa 1870 begonnen, Gelände im Schlossbezirk zu parzellieren und für den Bau von Villen oder selbsterrichtete Villen zu verkaufen. Nach der Jahrhundertwende ließ sie den großen und auf zahlungskräftige Kundschaft abzielenden Kaiserpavillon und das ebenfalls umfangreiche und mondäne „Kurhaus“ bauen. Für Fußgänger war der zweite Zugang zum Schlossbezirk (neben der Schlossstraße) wichtig. Die Gemeinde Tegel und Frau von Heinz beteiligten sich daher zu gleichen Teilen an der Finanzierung und Unterhaltung einer neuen Brücke.

Sieberts hölzerne Brücke wurde darauf 1909 durch den heutigen 91 Meter langen stählernen Übergang ersetzt, erst 1921 folgte der südliche Torbau mit zwei Kassenhäuschen. Die neuen Betreiber der Brücke hielten am „Sechser“ als Brückenzoll fest und das Publikum am Namen „Sechserbrücke“. Da Tegel erst 1920 nach Berlin (Groß-Berlin) eingemeindet wurde, gehörte die Tegeler Sechserbrücke nicht zu den vier klassischen Berliner Sechserbrücken. An Sonn- und Feiertagen benutzten bis zu 28.000 Ausflügler die neue Brücke. Den beiden Investoren verblieb fast jedes Jahr ein Reingewinn von 7.000 Mark. Die Inflation in Deutschland setzte dem Brückenzoll im Jahr 1922 allerdings ein Ende, da die Personalkosten die Einnahmen überstiegen.

Mautfrei überqueren heutzutage besonders in den Sommermonaten weiterhin Tausende Ausflügler die Sechserbrücke in beide Richtungen. Von der Brücke haben die Besucher einen guten Einblick in den Tegeler Hafen und auf das unscheinbare Tegeler Fließ, das parallel zum Hafen, abgetrennt von der langgestreckten Humboldtinsel, verläuft. In die andere Richtung auf den Tegeler See hinaus, ist linker Hand die Insel Hasselwerder und rechts davon die Halbinsel Reiherwerder zu sehen. Dazwischen im Hintergrund kann man bis zum Freibad Tegelersee blicken. Wenige Gehminuten entfernt befindet sich die „Dicke Marie“, der wohl älteste Baum Berlins.